Montag, 28. Februar 2011

Warum zu Guttenberg jetzt zurücktreten muss - und wann er wiederkommen darf

Halten wir uns nicht mit langen Vorreden auf: das der amtierende Verteidigungsminister zu Guttenberg gewisse Teile seiner Doktorarbeit per Copy&Paste aus den Texten anderer übernommen hat, dürfte unbestritten sein. Das bedeutet, dass er seinen inzwischen entzogenen Doktortitel zu Unrecht erhalten hat. Soweit, so schlecht.

Warum aber ist er immer noch Verteidigungsminister? Hierfür habe ich großes Unverständnis und ich bin sehr enttäuscht. Warum, will ich erklären: mein Unverständnis und die Enttäuschung rühren weniger aus der Tatsache, dass er von anderen abgeschrieben und diese Texte, ohne es deutlich zu machen, für sich selbst verwendet hat. Meine Kenntnis des Wissenschaftsbetriebes deutscher Hochschulen ist, dass sich reihenweise Professoren der Erkenntnisse und Ergebnisse ihrer Doktoranden und Mitarbeiter bedienen, sich Patente daran verschaffen, das sie im Jahr 2011 immer noch nicht in der Lage sind, Plagiate per Software erkennen zu lassen, dass gepeinigte Studenten immer noch wie im 19. Jahrhundert mit Prüfungsstoffabfragen belästigt werden und sie gezwungen werden, die Bücher der Dozenten zu kaufen, weil nur dieser Stoff für die Prüfung zählt und so weiter. In meinen Augen als Diplom-Volkswirt und Unternehmer sind die Zeugnisse und Abschlüsse der Hochschulen wenig wert. Die so ausgezeichneten können auch nach fünf Jahren Studium meist nicht genug, als das sie für Berufe in Unternehmen ohne weiteres qualifiziert wären und haben bis auf ein paar Praktika nur rudimentäre Kenntnisse der wirtschaftlichen Wirklichkeit - und diejenigen, welche es ihnen beibringen sollen haben von alldem noch weniger. Insofern: was kümmert mich ein Doktortitel, um das so provokant zu sagen. Ich stelle ohnehin nur nach tatsächlichem Können ein - und bei dieser Beurteilung nützt mir kein Wisch einer Hochschule etwas.

Mein Unverständnis ruht auch nicht unbedingt darin, dass zu Guttenberg entweder nicht klug genug war, richtig zu plagiieren oder nicht genau genug die Arbeit eines Dritten geprüft hat, den er mit seiner Arbeit beauftragt hatte. In beiden Fällen war er vielleicht nur zu naiv, kurzsichtig oder einfach nicht gerissen genug, um es ordentlich durchzuziehen. Es ist dann einfach eine Erkenntnis, dass zu Guttenberg kein richtig guter Plagiator ist, aber darüber kann man ja auch froh sein - denn wenn solche Fehler auffliegen, ist das ein gutes Zeichen dafür, dass auch andere konspirative Dinge, Geheimnisse und Tricksereien auffliegen können, weil die Beteiligten einfach nicht die nötige kognitive Leistung zu einem erfolgreichen Betrug aufbringen können. Insofern ist das fast eine beruhigende Erkenntnis.

Mein Unverständnis rührt daher, dass er als Mensch und somit als Verteidigungsminister nicht mehr glaubwürdig und vertrauenswürdig ist. Und diese beiden Attribute sind unabdingbar für eine derartige Position. Ohne Glaubwürdigkeit verkommt jeder Minister zur bloßen Witzfigur, man nimmt ihn nicht ernst. Weder tut dies berechtigterweise das eigene Haus, noch tut es der politische Gegner, der bisweilen auch in den eigenen Parteireihen sitzt. Und die Verbündeten tun sich schwer, so jemanden zu verteidigen. Solch ein Minister wird zur lahmen Ente und kann nichts von dem, was nötig ist, durchsetzen. Das darf sich das Land nicht erlauben. Und ohne Vertrauenswürdigkeit ist ein solcher Mensch kein Verhandlungs- und Gesprächpartner. Denn jeder muss sich letztlich immer fragen, ob dieses Gegenüber seine gemachte Aus- und Zusagen einhalten kann. 

Zu Guttenberg hat beide Attribute verspielt. Er hat jedoch aufgrund seines Alters und seiner noch vorhandenen Beliebtheit die Chance, nach einer Auszeit wiederzukommen. Dazu muss er jetzt zurücktreten, Demut zeigen und einige Zeit aussetzen. Zum einen, um Gras über die Sache wachsen zu lassen und zum anderen, um den Schaden am Vertrauen in das politische System einzugrenzen. Das die Kanzlerin nicht in der Lage war, Guttenberg zu diesem Schritt zu zwingen, zeigt ihre Führungsschwäche. Selbst angesichts kaum noch vorhandener (männlicher) Rivalen im christlich-demokratischen Lager ist Angela Merkel nicht mutig genug, das Richtige und Notwendige zu tun. Es offenbart ihre persönliche Feigheit, was bedauerlich für das Land ist. 

Guttenberg muss also selbst zurücktreten. Er muss sich einige Zeit anderen Dingen widmen - bspw. die Doktorarbeit nochmals und tatsächlich selbst angehen und seinen Fehler dadurch heilen. Das wäre der sehr schwere Weg, aber er könnte ihn dann erfolgreich in die Bundesregierung zurückbringen. Ein Wiederantreten in ein paar Jahren wäre auch ein Statement seiner Ernsthaftigkeit - denn er würde dann wesentlich kritischer beäugt, ohne Shootingstar-Bonus. Unsere politische Gesellschaft hingegen verzeiht auch große Fehler durchaus, wenn der Verantwortliche ernsthafte und schmerzliche Konsequenzen gezogen hat. Der jetzige Verlust des Doktortitels jetzt keine ernsthafte und auch keine schmerzliche Konsequenz dar, denn Guttenberg hatte keine Wahl. Zum einen hatte er den Titel nicht tatsächlich verdient und zum anderen hat er ihn auch nicht freiwillig abgegeben, er wurde ihm entzogen. Daher benötigt es ein anderes Opfer seinerseits - und das kann nur der Ministerposten sein. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen