Sonntag, 8. Juni 2014

Was sind die Folgen des Klimawandels

Vor einiger Zeit schrieb ich im Artikel über die Leugner des Klimawandels auch ansatzweise über dessen katastrophale Folgen. Dieser Artikel beschäftigt sich ausführlicher damit. Es wird nicht schön.

Fassen wir den anthropogenen, also menschenverursachten Klimawandel zunächst einmal in der folgenden, einfache Aussage zusammen: die Menschheit erhöht die globale Durchschnittstemperatur sehr rasch. Das ist die Essenz der gesamten aktuellen, wissenschaftlich gesicherten Forschung zum Thema und es gibt hierzu keinen wissenschaftlichen Disput mehr. Mit "sehr rasch" ist gemeint, dass die Erhöhung innerhalb von nur rund zwei Jahrhunderten, also seit ca. 1800 n.Chr. begonnen und zügig an Fahrt aufgenommen hat. Gehen wir hier nicht weiter auf die Ursachen der Erhöhung, also Themen wie Emission von Treibhausgasen und Wärme, Abholzung von Wäldern, Versiegelung gesamter Landschaften, Veränderung von thermischen Kreisläufen usw. ein, denn diese sind wohlbekannt und sollen hier nicht behandelt werden. Stattdessen: wohin führt uns der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur und warum ist das eher schlecht für uns Menschen? Ich fasse die Folgen in fünf großen Themengebieten zusammen:

Die Winter werden kürzer, der Schnee wird weniger, das Wasser knapper


Durch höhere globale Durchschnittstemperaturen verkürzen sich in allen Breitengraden die Winter. Nach wie vor wird es in den gemäßigten und polaren Breiten kalte und schneereiche Winter geben, aber sie werden im Mittel seltener, kürzer und weniger intensiv ausfallen. Durch die geringeren Schneefälle wird es in vielen Gebieten der Welt zu Wasserknappheit kommen. Denn viele der großen Flüsse der Welt wie Indus, Brahmaputra, Amazonas, Mississippi, Mekong oder Jangtsekiang speisen sich direkt aus schneereichen Gebirgen und deren Gletschern. Die Schneeschmelzen im Frühling bewässern Millionen von Quadratkilometern Ackerland, versorgen Millionenmetropolen auf Dauer mit Grund- und somit Trinkwasser, halten Landstriche frucht- und somit bewohnbar, die sonst Savanne oder Wüste würden. Flüsse sind nach wie vor die Hauptlebensadern der Wasserversorgung für Hunderte von Millionen Menschen. Je wärmer die Winter werden und desto weniger Schnee fällt, um knapper wird das Wasser an den Unterläufen der großen Ströme. Die Folgen werden der Verlust an fruchtbarem Ackerland und die Zunahme der Konflikte um Wasserrechte und Wasser an sich sein.

Ein Beispiel sind die amerikanischen Great Plains, deren Landwirtschaft fast vollständig auf einem Millionen Jahre alten Grundwasserspeicher basiert und der mit großer Geschwindigkeit geleert wird. Ist er einmal aufgebraucht, muss das Wasser aus immer größeren Entfernungen herangeschafft werden, was immer teurer werden wird und in dieser Menge kaum vorstellbar ist. Gleichzeitig steigt das Konfliktpotential mit den Regionen, aus denen dieses Wasser abgeführt wird. Kommen dann die erwartbaren stärkeren und häufigeren Dürren im nordamerikanischen Kontinent hinzu, hat man alle Bausteine für einen großen inländischen Konflikt beisammen, bei dem keineswegs "irgendein Dritte-Welt-Land" betroffen ist. Das führt uns direkt zum nächsten Punkt:


 Die Wüsten werden größer, das nutzbare Land kleiner


Die Wüsten wachsen weltweit, schon seit Jahrzehnten. Regionen wie die Sahelzone, Gebiete, die an die großen Wüsten Zentral- und Südasiens angrenzen, ein großer Teil Australiens, die Great Plains in Nordamerika, ehemalige Regenwaldgebiete in Südamerika befinden sich schon seit längerem in einem Prozess der Desertifikation. Abholzung von Feuchtigkeit speichernden Wäldern, landwirtschaftliche Monokulturen, Entwässerung und Trockenlegung von Feuchtgebieten oder übermäßige Wasserentnahme an Flüssen und Seen sorgen für eine allmähliche Verschlechterung und schließlich das Austrocknen von Böden. Da sich diese Gebiete fast immer im Inneren der großen Kontinente befinden, werden sie auch bisher schon kaum von viel Regen erreicht - etwas, das sich durch höhere globale Temperaturen nicht ändert, wobei die schon vorhandene Trockenheit aber verstärkt wird. Man schätzt, dass aktuell rund ein Drittel aller global nutzbaren landwirtschaftlichen Flächen von Bodendegradation und im weiteren Verlauf wiederum ein großer Teil davon von Desertifikation betroffen ist. Die Menschheit verliert damit wichtige Kornkammern, sozusagen schlicht angenehmen und wertvollen Lebensraum. 


 Die Wälder werden lichter und brennen leichter


Neben der sich global abspielenden Abholzung und Brandrodung von (Regen-) Wäldern, die schon für sich übel genug sind, wird die Temperaturerhöung auch die noch bestehenden Wälder treffen. Durch geringere Niederschläge im Innern der Kontinente werden vor allem die Wälder in mediterranen Regionen nach und nach von mehr Trockenheit und Dürre betroffen sein. Das hat geringeres Wachstum (mit geringerer CO2-Absorbtionsfähigkeit) zufolge, wodurch die Wälder insgesamt lichter werden. Trockenheit und höhere Temperaturen werden mehr Waldbrände zur Folge haben, wodurch zusätzlich Waldflächen verloren gehen werden. Zwar verschiebt der Temperaturanstieg die Wachstumsgrenzen der Wälder sowohl nach Norden wie auch - in geringerem Umfang - nach Süden und auch nach oben, jedoch übersteigen die verlorenen Flächen die hinzugewonnenen um ein Vielfaches.  


 Die Luft wird wärmer & energiereicher - es wird stürmisch


Mit der globalen Erwärmung geht eine energiereichere Luft mit einer größeren Aufnahmekapazität für Wasser in Form von Wasserdampf einher. Das bedeutet nichts weiter als weltweit stärkere Stürme und größere Orkansysteme. Die Menschen und ihre Infrastrukturen werden dadurch häufiger und heftiger von Schäden betroffen sein, die wieder repariert werden müssen - sofern wir uns nicht von den betroffenen Gebieten zurückziehen wollen oder müssen.
Denn mit zunehmender Stärke der durch Stürmen verursachten Schäden werden wir diese nicht mehr schnell genug reparieren können, bevor bereits der nächste Sturm zuschlägt. Die Folge wird sein, dass sich die Menschen aus den am stärksten betroffenen Gebieten zurückziehen müssen, bspw. von Inseln und Küstenstädten, die immer häufiger und immer nachhaltiger überspült werden, auch infolge des steigenden Meeresspiegels. Das, was New Orleans mit dem Hurrikan Katrina im Jahr 2005 passiert ist, wird immer häufiger geschehen und in einigen Jahrzehnten darin münden, das die Menschheit solche Städte nach und nach aufgeben und sich zurückziehen muss. Hierdurch gehen uns nicht nur bislang genutzte Landflächen verloren, wir verlieren auch wertvolle Infrastruktur, Kulturgüter und Identitäten, die wir nicht evakuieren bzw. verlegen können.


 Die großen Eisschilde schmelzen, der Meeresspiegel steigt


Die vorherigen Probleme sind mit genügend Aufwand, Mitteleinsatz und Engagement grundsätzlich handhabbar. Dieses nicht. Das langfristig schlimmste Ereignis ist der Anstieg des Meeresspiegels, verursacht durch zwei wesentliche Faktoren: die thermische Expansion des globalen Meereswassers und das stetige Abschmelzen der zwei großen Festlands-Eisschilde auf Grönland und der Antarktis.

Mit seinem Volumen von 2,85 Mio. km³ beträgt die Mächtigkeit des grönländischen Eisschilds im Vergleich zum antarktischen mit rund 26 Mio km³ Eis auf dem Festland nur rund ein Zehntel. Dennoch ist er für die Menschheit der wichtigere der beiden, denn er ist erheblich fragiler und sein Abschmelzen würde einen globalen Meeresspiegelanstieg um volle sieben Meter bedeuten. Während er in den 90er Jahren einen durchschnittlichen Masseverlust von 100 km³ pro Jahr erlitt, hat sich dieser in den letzten Jahren auf über 300 km³ jährlich erhöht, mit stetig weiterem Wachstum. Bei den stetig steigenden globalen Temperaturen kann der Schild in ca. 2.000 Jahren vollständig abschmelzen (der Prozess des Abschmelzens selbst wird jedoch bereits im Verlauf diesen bzw. des nächsten Jahrhunderts irreversibel sein). 

Der antarktische Eisschild wird sein Übriges hinzufügen, jedoch wird er aller Voraussicht nach nicht im gleichen Maße von der globalen Erwärmung betroffen sein, wie der Rest der Welt. Antarktika wird vom Zirkumpolarstrom sehr effektiv gegen atmosphärische und aquatische Wärme abgeschottet. Angesichts der durchschnittlichen Temperatur von -55° C auf dem Kontinent ist es eher unwahrscheinlich, dass selbst ein Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 5 oder 10 Grad Celsius hier viel ausrichten kann. Dennoch kann es zu einer Destabilisierung im westantarktischen Teil des Schilds kommen, die dann für heute noch unvorhersehbare Ereignisse sorgt. Manche der großen, ins Meer mündenden Gletscher sind bereits im Zerfall begriffen

Schlimmer noch als das Abschmelzen von Eis wirkt sich die thermische Expansion des Meereswassers bei steigenden Temperaturen aus. Sie vergrößert das benötigte Volumen des gesamten vorhandenen Wassers des globalen Ozeans insgesamt. In Anbetracht der ca. 1,4 Mrd. km³ Wasser in den planetaren Meeren, das sich auch nur ein klein wenig ausdehnt, ist das überaus bedeutend. Die thermische Expansion sorgt nach aktuellen Schätzungen für zwischen 20 bis 40 cm Anstieg des Meeresspiegels je Grad Celsius Erwärmung der Atmosphäre. Aktuell haben wir das erste Grad schon erreicht und die nächsten zwei oder drei Grade stehen vor der Haustür. 

Die Effekte des Meeresspiegelanstiegs sind mehr als schlecht für die Menschheit: tiefliegende Gebiete und ganze Länder wie Bangladesh, die Niederlande, Florida und Texas, Teile Chinas und Russlands, vollständige Inselwelten im Pazifik und Atlantik, aber auch die Norddeutsche Ebene oder das Amazonasbecken werden nach und nach überschwemmt werden. Mit einem Anstieg von einem, zwei oder auch drei Metern werden Industrieländer noch zurecht kommen, denn sie können sich Schutzmaßnahmen leisten. Bei mehreren Metern hingegen wird alle menschliche Infrastruktur überlastet werden - vor allem dort, wo die großen Städte an Flüssen liegen, die ins Meer münden. Hier leben heute viele Hundert Millionen Menschen, die dann ihre Siedlungsgebiete räumen müssen. Auch die Grundwasserleiter werden beeinträchtigt und mit Meerwasser verunreinigt, während der Grundwasserspiegel steigt, Flussdeltas und Küstenstreifen werden ins Landesinnere zurückgedrängt. 

Die Menschheit wird sich von jahrtausendelang genutzten und geformten Küsten zurückziehen müssen, während die Kosten für die Verlegung, Sicherung und Neuerrichtung von Infrastruktur in die Dutzenden von Billionen gehen werden - die ideellen Kosten und menschlichen Probleme ganz außen vor gelassen. 

Und schließlich...

...findet sich die Menschheit auf einem zunehmend ungemütlicher werdenden Planeten wieder, auf dem global die Meere steigen, starke Stürme wüten, Trinkwassermangel herrscht, die Atmosphäre stickiger wird, Nahrungsmittel knapper werden und Kriege um bewohnbare Landstriche geführt werden. Der IPCC sagt viele der Risiken immer klarer voraus (ausführlicher hier). 

Am Ende wird es nicht eine einzelne, bestimmte Herausforderung sein, sondern es wird die Summe sehr vieler einzelner, größer werdender Probleme sein, mit denen Menschheit immer stärker zurecht kommen muss und von denen sie schließlich überlastet werden wird. Es wird dabei keinesfall den einen, großen, globalen Kollaps ganzer Zivilisationen aufgrund konkreter Kipppunkte geben. Dazu ist die Menschheit viel zu anpassungsfähig. Es wird schlicht immer mehr kleinere Krisenherde geben, die nach und nach immer größer werden und schließlich unsere Fähigkeiten erschöpfen werden, mit ihnen auf adäquate Weise umzugehen. Wenn Hamburg zunächst einmal in fünf Jahren, dann einmal in zwei Jahren und dann zweimal pro Jahr von schweren Sturmfluten getroffen wird, die jedes Mal immer größere Stadtgebiete überfluten, steigen die Kosten zur Behebung dieser Schäden immer stärker an und wir werden sie jedes Mal immer weniger vollständig beheben können. Und irgendwann wird Hamburg dann aufgegeben werden, weil wir uns es einfach nicht mehr leisten können und zu erschöpft sein werden, dagegen anzukämpfen.

Zum heutigen Tag darf man sich getrost fragen, ob unser heutiger Raubbau an der Ökologie zur Befriedigung relativ trivialer Bedürfnisse diese Zukunft für unsere Nachkommen wert ist. 

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