Freitag, 23. Oktober 2015

Deutschland wächst - und das ist gut so

Die Prognosen, mit vielen Flüchtlingen Deutschland in diesem Jahr rechnen kann, erhöhen sich laufend. Vor drei Monaten rechnete man mit einer halben Million, vor zwei Monaten mit einer dreiviertel Million, jetzt mit einer Million oder mehr. Wie ich hier schon schrieb, sind die Zahlen nicht das Problem.

In der Diskussion um die Aufnahme so vieler Menschen wird mit vielen Argumenten miteinander gestritten. Manche sind besser, andere schlechter. Dabei übersehen wir allzu häufig, dass wir dabei meist nur Argumente zweiter Ordnung verwenden. Das eine wesentliche Argument erster Ordnung wird zu selten benutzt: Das Recht auf Asyl ist ein Grundrecht. Wir haben es selbst gewährt und es ist absolut unabhängig davon, wie viele Menschen es in Anspruch nehmen wollen. Für mich steht fest, das man nur auf der Grundlage, dass dieses Grundrecht anerkannt wird, miteinander über die konkreten Probleme der Immigration diskutieren kann und ich hatte das in diesem Beitrag bereits so formuliert: "Wer darüber [das Asylrecht] diskutiert, stellt sich außerhalb der demokratischen-humanistischen Grundordnung dieses Landes." 

Natürlich erkenne ich die konkreten Probleme bei der Aufnahme so vieler Menschen, die auf einmal ins Land strömen, sehr wohl: ihre Registrierung, Versorgung, Verteilung, Ausstattung sind ein Kraftakt sondergleichen. Vielerorts geraten wir an unsere Grenzen. Diese Anstrengung wirbelt unser Land gerade gut durcheinander, sie belastet uns politisch, gesellschaftlich und finanziell. Es ist allerdings auch gar nicht so schlecht, wenn die bräsige Behäbigkeit, in der es sich Bürger und Behörden unseres Landes in den letzten Jahren sehr gemütlich gemacht haben, wieder sehr deutlich eine Dosis "Realität" verpasst bekommt. Es gibt kein Grundrecht auf Gemütlichkeit. Ich habe daher überhaupt kein Mitleid mit uns (auch weil wir es anders hätten haben können). Es mangelt uns weder an den nötigen Fähigkeiten noch an den Finanzen. Wenn wir pro Jahr 10 Milliarden für Asylbewerber und potentielle künftige Bürger dieses Landes ausgeben, dann ist das gut investiertes Geld (und es ist zum Beispiel gerade mal doppelt so viel, als die Politik-Versager von der CSU in ihren Finanzpossen rund um die Hypo-Alpe-Adria versenkt haben (rund 5 Mrd.) oder die CDU mit ihrem katastrophal blamablen Auftritt bei der HSH Nordbank (unabsehbarer, aber eher zweistelliger Milliardenbetrag). Bei einem Bundeshaushalt von gut 300 Mrd. Euro, von dem die wahnwitzige Summe von 125 Mrd. Euro allein für Arbeit und Soziales ausgegeben wird, sind 10 Mrd. Euro für Asylsuchende kein Problem, mit dem wir uns beschäftigen sollten. Wir sollten es einfach ausgeben (innerhalb Deutschlands, wohlgemerkt, wir wollen ja den inländischen Konsum befeuern ;-) ) und uns darüber freuen, Gutes tun zu können. Und damit kommen wir zum wichtigsten Punkt:

Viel interessanter ist doch, dass Deutschlands Bevölkerung wächst und wir gerade ein großes Konjunkturprogramm anschieben: Häuserbau und -sanierung, Konsum, Ausbildung, Integration. Wir stellen Beamte ein, beschäftigen Lehrer, Dolmetscher, investieren in Hilfswerke, fahren Bauprogramme hoch, kaufen Dienstleistungen, Möbel für Wohnungen, müssen Sanitäreinrichtungen herrichten, Bauleistungen prüfen lassen und vieles mehr. Das seit langem von vielen vor allem keynesianisch orientierten Politikern geforderte staatliche Investitionsprogramm zur Ankurbelung des inländischen Konsums: jetzt ist es da. Die Bundesrepublik gibt Geld für die Integration von sicher einer Million Menschen in unser Land aus. Ich persönlich finde das großartig: Deutschland wächst wieder und das ist gut so.

Und wir sollten auch darüber im Klaren sein, dass wir eigentlich gar keine Alternative haben. Denn die Forderung nach der "Schliessung unserer Grenzen", worauf sollte das auch hinauslaufen? Würden wir tatsächlich die Bundeswehr an den hunderten von Kilometern Grenze zu Österreich und Slowenien postieren und die dort ankommenden Menschen beim Versuch, nach Deutschland zu gelangen, erschießen? Wir könnten sie natürlich auch festnehmen. Und dann wohin mit ihnen? Das ist lächerlich. Eine solche Maßnahme überlebt keine Bundesregierung, weder innen- noch außenpolitisch. Und daher steht sie uns auch nicht zur Verfügung. Sie taugt gerade einmal für das Seehofersche Kasperletheater. Wir müssen mit den ankommenden Menschen umgehen, ob es uns gefällt oder nicht.

Richten wir also den Blick in die Zukunft: in drei Jahren, wenn wir die Dinge wieder geordnet haben, die Menschen untergebracht sind, viele mit abgeschlossenen Asylverfahren sich dauerhaft hier einrichten und die Bevölkerung Deutschlands von rund 81 auf mehr als 82 Millionen gestiegen ist, sich mit ihr ein zumindest mittelfristiger Konjunkturaufschwung eingestellt hat - dann werden wir feststellen, was für eine Gelegenheit wir hier genutzt haben. Wir leben in spannenden Zeiten - freuen wir uns darüber.


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