Montag, 23. August 2010

Die Kraft der Freiheit

Das ich mit der Partei, welche im Allgemeinen meine politisch-gesellschaftlichen Interessen "vertritt" bzw. diesen am nächsten steht (und in der ich auch Mitglied bin), in den letzten Monaten sehr unglücklich war und noch bin, ist ja kein Geheimnis. Ich habe einige Beiträge zu diesem Thema geschrieben und die Gültigkeit dieser sehe ich nach wie vor nicht infrage gestellt. Noch immer hat die FDP in der Regierungsverantwortung im Bund so gut wie gar nichts für das Land oder den Liberalismus sinnvolles zuwege gebracht und nach wie vor machen die handelnden Minister und die Staatssekretäre hauptsächlich schlechte statt gute Schlagzeilen. Ja, die liberale Regierungsbeteiligung ist ein Trauerspiel und ergötzt sich in der lachhaften Bemerkung, man wäre verantwortlich für den momentanen Aufschwung. Es ist zum Heulen.

Unter diesem unglücklichen und unseligen Agieren wird jedoch leider verdeckt, dass der Liberalismus in Deutschland so notwendig ist wie stets und das die freiheitlich gesinnten Kräfte nach wie vor dafür eintreten müssen, dass auch unter dieser Regierung die Rechte des Bürgers nicht von obrigkeitsgläubigen und sachlich allzu oft schlecht im Thema stehenden CDU-Ministern wie de Maizière, von der Leyen oder Ramsauer weiter beschnitten oder deformiert werden. Thematisch wird die FDP jedoch momentan nur mit "Steuersenkungen" und "Begünstigung von Klientelgruppen" in Verbindung gebracht. Das hat sie selbst verschuldet, bzw. haben dies Westerwelle, Brüderle und Burgbacher zu verantworten. Um diese liberalen Positionen endlich wieder zu bestärken und sich von dieser Themenverengung zu lösen, kann die FDP als Partei etwas einfaches tun: die jüngeren, nachwachsenden Köpfe der Partei müssen selbständig werden. Ihnen muss klar werden, dass die Ära Westerwelle sich ihrem natürlichen Ende zuneigt und all seine Wegbegleiter mit ihm in wenigen Jahren die bundespolitische Bühne verlassen werden. Sie müssen sich jetzt positionieren und dabei Distanz zum aktuell handelnden, bundespolitischen Spitzenpersonal halten.

Denn Liberalismus bedeutet nicht, sich um Klienteln wie Hoteliers oder sonstwen zu kümmern. Liberalismus heißt, sein Vertrauen zuallererst in die Kraft und die Fähigkeiten des einzelnen Menschen zu setzen und nicht in die Regelungsmacht des Staates. Die FDP muss zeigen, dass es der Liberalismus ist, welcher die Menschen beflügeln kann, weil in einem liberalen Land die Freiheit der Entscheidung für oder gegen etwas dem einzelnen überlassen wird und sie nicht in die hörige Ergebenheit der angeblich "mitfühlenden Konservativen" oder - schlimmer noch - des Sozialismus gezwängt werden. Liberal sein ist unbequem, denn Freiheit verlangt Entscheidung, Interesse und Wachsamkeit. Freiheit verlangt auch Opfer, im kleinen wie im großen. Aber ohne Freiheit gibt es keinen Wohlstand, ohne Freiheit ist Sicherheit nichts wert, ohne Freiheit ist der Bürger nur Objekt der Staatsverwaltung.

Die FDP ist nach wie vor die einzige politische Gruppierung in Deutschland, welche die Freiheitswerte des deutschen Grundgesetzes ernsthaft verteidigt. Sie ist die einzige Gruppierung, welche als Ziele die Beibehaltung der Informationsfreiheit, starke Bürgerrechte gegenüber dem Staat und die Beschränkung staatlicher Kompetenzen verfolgt, statt diesem immer neue Rechte im Zugriff auf den Bürger zu übertragen. Die Kraft der Freiheit war und ist es, welche aus Deutschland ein so erfolgreiches und lebenswertes Land gemacht hat. Die Kraft der Freiheit hat Unternehmer angespornt, Leistungen zu entwickeln und sie zu verkaufen, womit Steuern erwirtschaftet werden, womit der Sozialstaat ausgestattet wurde, womit Wohlstand erzeugt wird. Die Kraft der Freiheit hat Bürger ermutigt, am demokratischen Prozess teilzunehmen, Abgeordnete zu werden, die eigene Demokratie zu gestalten, Kontrolle zu verlangen. Die Kraft der Freiheit hat es der Presse ermöglicht, aufzupassen, im Dickicht zu wühlen und für mehr Transparenz, Informiertheit und Aufgeklärtheit aller Bürger zu sorgen. Die Kraft der Freiheit hat die größten und wichtigsten Erfindungen der letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte ermöglicht. Und diese Freiheit muss stets aufs neue verteidigt werden. Es wäre allzu schön, wenn die FDP sich dem wieder vor allem anderen widmen würde.

3 Kommentare:

  1. Freiheit, Freiheit, Freiheit. Ohne Freiheit keinen Wohlstand. Wie praktisch, dass sich der Autor des Textes nicht so genau festlegt, welche Freiheit denn nun eigentlich verteidigt werden soll. Hier mal drei Beispiele: Nehmen wir zuerst die Freiheit des Einzelnen, sich Wohnort und Beschäftigung selbst zu wählen. Tolle Sache. Aber wie stet es mit der Freiheit eines Lebensmittelkonzerns, gentechnisch bearbeitete Lebensmittel einfach ohne entsprechende Kennzeichnung zu verkaufen? Hier scheiden sich schon die Geister. Ich vermute ich brauch gar nicht mehr mit dem letzten Beispiel zu kommen - der Freiheit des Staates, seine Bürger nach belieben zu Foltern - damit klar ist, worin das Problem liegt.

    Wenn man schon in Fettschrift von Freiheit schreibt, dann sollte man nicht unerwähnt lassen, wer genau denn die Freiheit haben soll, was genau zu tun. Hier tauchen wir nun in unsere komplexe Gesellschaft aus einzelnen Menschen, öffentlichen Institutionen und privaten Unternehmen. Sozialkunde - Einführungskurs: Die Freiheit des einzelnen hört da auf, wo die Freiheit eines anderen eingeschränkt wird. Folglich bedarf es einer komplexen Regelung (lies Gesetzgebung), um die größtmögliche Freiheit aller Teilnehmer sicherzustellen. Soweit waren wir schonmal, und dabei hätte es auch bleiben sollen.

    Der Liberalismus nach der vom Autor angesprochenen Definition sieht das Allheilmittel in der Beseitigung dieser Regeln und Gesetze und pervertiert den Freiheitsbegriff damit zur Freiheit des Stärksten. Im konkreten Fall unserer Gesellschaft finden wir die Vertreter dieser "Stärksten" vor allem in den multinationalen Konzernen, die ihren Einfluss (lies Macht/Geld) dazu verwenden wollen, ihre kurzfristige Rendite zu maximieren und dabei (natürlich) keine Rücksicht auf die Nachhaltigkeit ihrer Handlungen in Bezug auf ein stabiles Wirtschafts- und Ökosystem, ja noch nicht mal in Bezug auf die Gesundheit des Einzelnen nehmen.

    Als sich die USA 1971 ihrer Zahlungsunfähigkeit gegenüber sahen, wurde die Währungsdeckung durch Goldreserven beseitigt und damit dem Staat die Freiheit gegeben, fröhlich weiter Schulden zu machen.

    Als Clinton im Jahre 1999 die strikte Trennung zwischen Investitionsbanken und Geschäftsbanken aufgehoben hat, hat er den Banken die Freiheit gegeben, das Kapital des Mittelstandes in riskanten Aktienspekulationen einzusetzen.

    Die Folgen dieser neuen Freiheiten sehen wir heute. Wer da noch weiter nach Liberalismus ruft, ist entweder blind oder rücksichtslos.

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  2. @1: nunja, mag sein, dass es in diesem Text nicht sehr deutlich rüber kommt, aber es ist mMn die Freiheit des Menschen (also einer natürlichen Person) und nicht die Freiheit von Unternehmen und Institutionen gemeint. Damit der Einzelne die Freiheit zu entscheiden hat, muss er über seine Alternativen informiert sein (deshalb kann eine Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel durchaus freiheitlich sein).

    @Chris: Du bist ja richtig pessimistisch, was das politische Ende des Herrn Westerwelle angeht, ein Herr Spreng zählt schon die Tage :) ( http://www.sprengsatz.de/?p=3470 )

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  3. @anonym: mit der von dir angesprochenen "freiheit der stärksten" kann ich mich nicht identifizieren. die FDP tut es auch nicht. mein und ihr freiheitsbegriff leitet sich aus dem grundgesetz ab und ich meine - ganz ehrlich und ich muss mir an dieser stelle das lachen verkneifen - dass ich solche selbstverständlichkeiten wirklich nicht erwähnen brauche. und ich lasse mich auch auf solche nach platonscher lesart sophistereien nicht mehr ein. das war früher mal.

    @martin: du hast es völlig richtig beschrieben (meines erachtens sind auch unternehmer menschen). freiheit heißt auch, dass das aufgeklärte individuum in der lage sein muss, auf der basis von bestmöglichen informationen seine eigenen entscheidungen zu treffen.

    und was die zukunft von guido w. angeht: der spreng ist kein dummer. er redet zwar hin und wieder auch unfug, aber er hat vom politischen geschäft sicher mehr ahnung als wir alle zusammen. sein blog les ich echt gerne und ich hoffe, er hat recht mit dem tagezählen.

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