Samstag, 15. Juli 2006

Politik-Poker - Gedanken zur Politik von morgen

Denn man macht sich so seine Gedanken


Im Internet gibt es tausende von Seiten, die sich mit politischen Themen beschäftigen. Die einen mehr, die anderen weniger lesenswert. Eine interessante Seite zur Politik ist www.politik-poker.de, die wir Euch vorstellen wollen.

Auf politik-poker.de, einem privaten Projekt, schreiben die unterschiedlichsten Autoren über sie aktuell bewegende Themen. Und die müssen durchaus nicht gerade in den Nachrichten stehen. Völlig unbekannte Privatpersonen sind als Autoren ebenso vertreten wie prominente Mitglieder der Gesellschaft.


Und so werden auf politik-poker.de merkwürdige, aber auch interessante und nachdenkenswerte Thesen und Gedanken publiziert. Das schöne daran ist, dass das Ganze nicht als Blog oder Forum aufgezogen ist, sondern jeder Beitrag für sich allein steht. Seien wir ehrlich: natürlich ist es schön, wenn man wie auf WebUni jeden Beitrag kommentieren und kritisieren darf. Aber andererseits ist es auch wohltuend, wenn man sich einfach den unkommentierten und unkritisierten Gedanken völlig fremder Menschen aussetzen kann. 

Und diese Leute kommen zu interessanten Ergebnissen: da fordert der eine übergangsweise eine "positive Diktatur" um Deutschland aus seiner Starrheit der Entscheidungsinstanzen zu erlösen und der nächste kommt zu dem Schluss, Deutschlands Schulwesen brauche weniger statt mehr Staat. In kurzen Beiträgen wird daran erinnert, dass das Leben keine feindselige, sondern eine schöne Angelegenheit ist, in sehr, sehr langen Beiträgen wiederum wird dargelegt, warum es bei der Reichensteuer nicht um Neid, sondern um Gerechtigkeit geht. 

Während die einen über das Schicksal der Welt und der Menschheit im allgemeinen nachdenken (http://www.politik-poker.de/die-zukunft-­der-­menschheit.­php), geht es dem nächsten nur um das Mountainbiking in deutschen Wäldern (http://www.politik-poker.de/im-wald-da-sind-­die-­raeuber.­php). Auf beides kann man sich einlassen und beides ist durchaus lesenswert - je nach persönlicher Vorliebe. 

Interessant - aber letztlich nur logisch - ist, dass inhaltlich schwache und starke Beiträge, weiten Raum greifende und recht begrenzte Themen so dicht nebeneinander stehen. Es gibt lange Essays voller kluger Gedanken bei denen man sofort merkt, dass der Autor über sein Fachgebiet schreibt - oder besser gesagt referiert - und vor dem Verfassen einige gute Überlegungen angestellt hat. So bekommt man bspw. mit dem Beitrag von René Borbonus über Kommunikationsmethoden (http://www.politik-poker.de/kommunikationsmethoden.php) eine interessante Einführung in dieselben. Auch für die eigene Diskussionskultur können hier einige Hinweise herausgezogen werden, unter anderem was die Verwendung des Wortes "aber" betrifft. 

Auch der Beitrag von Ulf Posé über allzu einfache Kausalketten und unzulässige Vergleiche (http://www.politik-poker.de/wenn-aepfel-­mit-­birnen-­verglichen-­werden.­php) ist lesenswert, wenngleich man dem Autor nicht in allen Belangen folgen muss. Man wird bei politik-poker auch über Meinungen und Ansichten stolpern, die man selbst rundweg ablehnt. Für mich gilt dies zum Beispiel bei der Forderung nach Regionalwährungen, wie sie Elsi Reimann in ihrem Beitrag http://www.politik-poker.de/geld-ganz-kurz.phpaufstellt. Meine volkswirtschaftliche Ausbildung sagt mir deutlich, dass ich anderer Meinung bin. Und wenn ich einen Satz wie "Denn das Kapital beherrscht die Medien" (aus einem anderen Beitrag) lese, stelle ich mir sogleich die Frage "Was ist denn Das Kapital" und warum sollte es die Medien beherrschen - und vor allem wie? Pauschalismen thronen gleich neben Anachronismen. 

Man merkt der Mehrheit der Beiträge einen gewissen Überhang zur politisch linken Seite an, was mich ein wenig skeptisch stimmt. Fröhlich werden da Freigeld und Zinslosigkeit gefordert, weltweit ein einheitliches Lohnniveau herbeigesehnt oder "die Politik" der Verantwortungslosigkeit bezichtigt. Andererseits finden sich Beiträge von politischen und unpolitischen Menschen aus allen Lagern der Gesellschaft bunt durcheinander gewürfelt, so dass man sieht, es steckt keine Absicht dahinter. 

Und nichtsdestotrotz ist es interessant, die Ansicht verschiedenster Leute verschiedenster Gesellschaftsteile in einer kultivierten Umgebung zu lesen, ohne dass diese von selbsternannten Rethorikhelden in knappen Kommentaren niedergeknüppelt werden. Man muss mit niemanden übereinstimmen, um nicht dennoch den Versuch zu wagen, sich auf Gedankenspiele und fremde Ansichten einzulassen. Und ein Beitrag zur Meinungsfreiheit und ihren möglichen oder vielleicht sogar wünschenswerten Grenzen von Helge Siems (http://www.politik-poker.de/grenzen-der-­meinungsfreiheit.­php) ist allemal lesenswert. Denn es macht Spaß, Sätze zu lesen wie: "Man darf also nicht die Unwahrheit behaupten. Und das ist ja auch gut so. Das ganze heißt ja auch Meinungsfreiheit und nicht Behauptungsfreiheit." Diesen Ausspruch kann man sich ruhig an die Zimmertür hängen und ihn jeden Tag einmal lesen. 

Alles in allem macht das Lesen hier recht viel Freude, welche man dem Autor des Beitrags zur Ankurbelung der Wirtschaft deutlich anmerkt (http://www.politik-poker.de/wie-man-die-­wirtschaft-­ankurbelt.­php). Wer also abends einmal nichts zu tun hat und die Zeit auch ohne WebUni totschlagen will, dem sei die Lektüre von www.politik-poker.de empfohlen.

Dieser Beitrag wurde von mir am 15.07.2006 auf Webuni Magdeburg geschrieben. 

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