Mittwoch, 10. November 2010

Es ist alles gesagt, nur nicht von jedem

oder: warum die öffentliche Diskussion verödet und es mehr oder weniger sinnlos ist, sich an Foren zu beteiligen.

Der Sprengsatz ist ein von mir gern gelesenes Blog - aktiv lese ich vielleicht zehn Stück, mal regelmäßiger, mal seltener. Der Autor Michael Spreng ist ein Urgestein des deutschen, politischen Journalismus und der Politikberatung, jemand, dessen Ansichten ich gerne lese. Entweder, um mich an fundierten Kenntnissen zu erfreuen,lustige Anekdoten zu lesen oder schlicht um anderer Meinung zu sein.

Da sein Blog eine recht hohe Reichweite hat und er mit profunder Kenntnis der Materie seine Ansichten kundtut, tobt auch gerne mal der Bär in der Diskussion. Vor einiger Zeit hat auch Spreng die Erfahrung gemacht, dass solche Diskussionen problemlos ausufern und - um es salopp zu sagen - richtig beschissen werden können. Das ist mir nichts neues. Als langjähriger Nutzer und Mitmacher von WebUni, einem in den Jahren 2004 bis so 2009 recht aktivem Magdeburg Studentenportal kenne ich das gut: Forendiskussionen zu Themen, die gut begannen und dann dank der weniger erfreulichen Beteiligung durch Leute, denen man auch in persona nicht begegnen will, endeten in gräßlichen Schlammschlachten. Immer verbunden mit der Preisgabe von Ansichten, von denen man eigentlich dachte, dass solche Zeiten und eine derartige Unreife eigentlich überwunden wären.

Das Problematische an Diskussionen auf schreibender Ebene im Gegensatz zur verbalen, direkten ist natürlich, dass man sein Gegenüber nicht sieht und in seinen Äußerungsmöglichkeiten durch kaum etwas gemäßigt wird. Die persönliche Präsenz eines Diskussionspartners ist immer gewichtiger im Hinblick auf Reflexion, als seine Gedanken ungehemmt in die Tasten zu hauen. Das dürfte auch der Grund sein, dass diese Diskussionen oft damit enden, dass nach gegenseitigen Beleidigungen beleidigte Stille einkehrt. Ich bekenne freimütig, dass diese Art der Diskussion mich so angeödet hat, dass ich mich davon vollständig zurückgezogen habe - ich schreibe nicht mehr in Foren.

Ich glaube auch, dass auf Dauer letztlich nur eine bestimmte Klientel übrig bleiben wird, die sich Forendebatten beteiligen wird - der Bodensatz an Meinungsäußerer. Für deren Ansichten interessiere ich mich nicht, da sie nicht zu meinem Erkenntnisgewinn beitragen. Wenn am Ende eines Artikels in der ZEIT über den wirtschaftlichen Aufschwung und den Rückgang der Arbeitslosigkeit von 5 auf 3 Millionen nicht ein positiver Kommentar, dafür jedoch 30 Zweizeiler über die böse Welt, die bösen Manager, die bösen Politiker, die böse Gesellschaft und die böse Welt im allgemeinen lese, dann ergibt sich daraus offensichtlich, dass solche öffentliche Foren nutzlose Zeitverschwendung sind. Konstruktive Kritik ist das Eine, das Nützliche, weinerliches Herumgeheule und das Ergehen in Verschwörungstheorien ist nur jämmerlich. Und das möchte ich mir nicht antun. Man kann am Ende einer Diskussion oder des Lesens eines Beitrages auch einfach mal nur nicken und zu sich sagen "stimmt schon".

3 Kommentare:

  1. Ich bin mal gespannt, ob sich nicht vielleicht aus Frust über diese Diskussionskultur die aktuelle Praxis, jeder Kommentar, jeder Artikel, jede Meinung muss im Netz öffentlich kommentierbar sein, irgendwann wieder umkehrt und die Kommentarfunktionen von den Zeitungsseiten verschwinden.

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  2. schöner Artikel. freu mich jedes Mal wieder was hier zu lesen. ich glaub is sogar der erste BLog den ich mehr oder weniger regemäßig lese.

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  3. @Wolf: nun, es gibt ja Zeitungen, bei denen man noch nie kommentieren konnte und ich schätze, dass das Anteil auch nicht mehr groß steigen wird. Vielleicht kommt es ja in der Tat zu dem von Dir geschilderten Trend.
    @Anton: Danke für das Kompliment.

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