Dienstag, 29. März 2011

Die Liberalen müssen sich jetzt aufraffen

Die Zeit für den Rücktritt von Guido Westerwelle ist schon lange gekommen. Bereits im Mai 2010 hatte ich die zwingenden Gründe für seinen Rücktritt vom Amt des Parteichefs dargelegt. Seither ist nichts geschehen und konsequenterweise hat die FDP drei Landtagswahlen in Folge verloren. Dabei sprechen wir von Wahlen in wichtigen Bundesländern, Bundesländern, in denen die Partei gut verankert war. In Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt ist sie nun außerparlamentarische Opposition, in Baden-Württemberg eine Miniaturopposition und vergessen wir nicht, dass sie schon 2010 aus der nordrhein-westfälischen Regierung flog, seither auch dort nur noch die vierte Geige spielt und bei den drohenden Neuwahlen kaum eine Chance hat.

Wie konnte es so weit kommen? Die Ursachen sind einfach und sie unterscheiden sich kaum von den zwei Hauptgründen meiner Analyse der letzten Woche zur verlorenen Sachsen-Anhalt-Wahl:

Erstens: die Bürger halten Westerwelle für einen katastrophalen Außenminister und sie tun recht daran. Er übt sein Amt so schlecht aus, dass inzwischen schon die deutschen Verbündeten in der NATO und UNO von uns abrücken. Das ist nicht zuletzt der rückgratlosen Enthaltung in der Libyen-Resolution geschuldet, bei der er ursprünglich sogar mit "Nein" stimmen wollte. Damit hat er sich letztlich endgültig ins internationale Abseits gestellt und Deutschland neben die so verantwortungsvollen Länder Russland und China gestellt. Das werden uns die westlichen Verbündeten nicht vergessen und es ist eine fatale Abkehr von der konsequenten Westorientierung der Bundesrepublik Deutschland im europäischen Gefüge. Diese hat uns Jahrzehnte der Freiheit und des Wohlstandes beschert und Deutschland einen festen außenpolitischen Boden gegeben. Westerwelle ist der erste deutsche Außenminister, der dies ohne Not zerrüttet.

Grundsätzlich steht hier aber seine schlechte Personalpolitik im Zuge der Regierungsbildung im Bund im Vordergrund sowie die Tatsache, dass eineinhalb Jahre schwarz-gelbe Bundesregierung die FDP zu einer gespaltenen, demotivierten Partei gemacht haben, die ihren Vorsitzenden aus reiner Alternativlosigkeit behält. Westerwelle war ein genialer Oppositionspolitiker - und ist leider ein umso schlechteres Regierungsmitglied. Das ist nicht verwerflich. Verwerflich ist nur, dass er das nicht erkennt. Das Bröckeln des liberalen Regierungspersonals hat unterdessen schon begonnen und der eigentliche Erdrutsch wird in diesem Jahr folgen.

Zweitens: Auch thematisch gibt es doch noch ein paar Baustellen. Die FDP hat nämlich die Zeichen der Zeit nicht erkannt und sich sklavisch an eine CDU festgekettet, die inhaltlich ausgeblutet und personell am Ende ist. Die Kanzlerin Merkel hat inzwischen alle personellen Alternativen zum Rücktritt motiviert oder anderswo hin weggelobt: Merz, Koch, Oettinger, Rüttgers, Wulff und weitere, die als Nachfolger und durchaus auch intellektuelle Gegengewichte Merkels stetige Zögerlichkeit und - man muss das so sagen - Feigheit ein wenig ausgleichen konnten, haben allesamt die politische Bühne verlassen.

Die FDP wird jetzt eigentlich von Merkel und Seehofer regiert, denn beim bundespolitischen Personal der Liberalen, das zur Zeit in der Regierungskoalition seinen Dienst tut, regiert momentan die nackte Angst um das politische Überleben. Diese ist natürlich gerechtfertigt. Denn wir müssen einsehen: die Regierungsbeteiligung im Bund war ganz offensichtlich zu viel für die verfügbaren und von Westerwelle eingesetzten Personen - auch das hatte ich schon ausführlich erläutert. Diese Überforderung hat in der schlechten Regierungspolitik gemündet (die Justizministerin mal völlig ausgenommen). Die FDP muss also zurück in die Opposition und hier frische Kräfte schöpfen. Sie muss sich von Westerwelle, Brüderle, Homburger, Pieper, Niebel, Burgbacher und einigen weiteren "Spitzenkräften" trennen und neue, unverbrauchte Gesichter installieren. Diese werden in den nächsten Jahren nichts anderes zu tun haben, als das verlorene Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Dafür werden wir programmatisch arbeiten müssen, aber vor allem müssen wir weg von der Klientelpolitik, weg von der Ausnahmenpolitik und weg von der Zögerlichkeit. Die FDP muss sich klar auf der Seite von Freiheit, Marktwirtschaft, bürgerlichem Unternehmertum, liberalen Werten, Privatsphäre, Datenschutz, weniger Staat und mehr Selbstverantwortung positionieren, denn sie ist ohnehin die einzige Partei in Deutschland, die nicht auf dem Weg zur Knechtschaft wandelt.

Und natürlich wird das alles ein harter und steiniger Weg und er wird durch Jahre der Opposition führen. Aber wir haben es selbst verschuldet und jetzt müssen wir diesen Weg eben gehen. An seinem Ende steht die Erneuerung der Kraft der Freiheit in Deutschland und dieses Ziel ist jede Anstrengung wert.

An Guido Westerwelle ist an dieser Stelle nur noch zu richten, dass schon längst die Zeit zum Abtreten gekommen ist. Hätte er vor einem Jahr den Parteivorsitz abgegeben, hätte er das Aussenministerium behalten können. Jetzt geht das nicht mehr, jetzt muss er beide Ämter abgeben, denn etwas anderes wird den potentiellen liberalen Wählern nicht mehr genügen, es genügt auch der FDP nicht mehr und auf andere Weise ist der Schaden am Liberalismus in Deutschland ohnehin nicht wieder gutzumachen. Die FDP muss nun den Mut haben, Westerwelle aus dem Amt zu tragen, denn freiwillig wird er es nicht abgeben. Tut sie es nicht, wird dem bitteren Jahresanfang 2011 eine noch bitterere Zeit folgen.

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