Donnerstag, 29. März 2012

Der miese Populismus

Die Pleite des bald ehemaligen Großunternehmens Schlecker offenbart in großer Klarheit, mit welch miesem Populismus die Gewerkschaft Verdi und die staatskonservativen Parteien CDU/CSU, SPD und Grüne sich immer wieder verhalten, wenn es darauf ankommt.

Noch Anfang 2010 rief Verdi öffentlich zum Boykott von Schlecker auf. Ausgerechnet von Schlecker, das als eines der wenigen Unternehmen der Branche übertarifliche Löhne zahlte (und das sogar auf Verdis Betreiben hin). Und jetzt stellt sich ausgerechnet Verdi hin und kritisiert die FDP, die sich weigert, Staats- und somit Steuergelder in ein vom Markt - also den Käufern und Konsumenten - auch auf Verdis Wunsch hin abgewähltes Unternehmen zu stecken. Zu soviel Heuchelei muss man sich erstmal erdreisten. Ebenso miserabel verhalten sich wie üblich all die Parteien, die jetzt wieder mit Steuergeldern ins Marktgeschehen eingreifen wollen - und zwar nicht, weil Schlecker irgendwie wichtig in dem Land mit der größten Einzelhandelsfläche pro Bürger in Europa wäre, sondern weil sie sich lieb Kind in den anstehenden Landtagswahlen machen wollen.

Wieder mal liegt es an FDP-Ministern, in fast schon selbstmörderischer Absicht das zu tun, was die Aufgabe aller Politiker wäre, nämlich ordnungspolitisch standfest zu bleiben und ein Unternehmen einfach auch mal pleite gehen zu lassen. Es ist nicht Aufgabe des Staates, zu entscheiden, welches Unternehmen marktfähig sein soll. Das tun schon die Konsumenten. Es ist auch nicht Aufgabe des Staates, untergehenden Unternehmen Geld hinterherzuwerfen um potentiellen Aufkäufern den Einstieg zu erleichtern. Den Platz der Schleckerfilialen werden in kurzer Zeit Konkurrenten besetzen und dieselben Arbeitsplätze anbieten, wenn sich der Ort der Filiale lohnt - und wenn er sich nicht lohnt, sollte er auch nicht erhalten werden, denn es war eine unternehmerische Fehlentscheidung, die korrigiert werden muss. Schaut man sich Schlecker an, hatte das Unternehmen seinen Aufstieg ebenso verdient wie seinen Abstieg. Und vielleicht hat ja auch Verdi mit seinem Boykottaufruf seinen Anteil am Untergang Schleckers und somit dem Verlust der Arbeitsplätze, um die sich jetzt so öffentlichkeitswirksam gesorgt wird. Aber das hat Verdi ja schon billigend in Kauf genommen.

Und man darf sich sicher auch fragen, warum Verdi eigentlich nicht protestiert hat, als Schlecker in den Achziger und Neunziger Jahren reihenweise selbständige Drogerien vom Markt gedrängt hat. Damals sind ebenso viele Arbeitsplätze - von Kleinstunternehmen - verloren gegangen und niemand hat sich auf Seiten der Gewerkschaften oder der ach-so-sozialen Parteien SPD, CDU oder Grünen darüber gesorgt. Aber Verdi ist eben keine Interessenvertretung der arbeitenden Bevölkerung, sondern lediglich der organisierten Arbeitnehmer von größeren Unternehmen. Und als solche ist die Gewerkschaft auch nur ein Klientelverein, der Lobbypolitik auf Kosten des Steuerzahlers betreibt und betreiben will. 

Update: in der FAZ stehen zwei sehr interessante Kommentare zu diesem Thema: zum ersten http://www.faz.net/aktuell/politik/kommentar-schlecker-politik-11702014.htm. Ein kleiner Auszug:
Was SPD und Grüne gegen den Prügelknaben FDP vorzutragen haben, ist allerdings von schäbig nicht weit entfernt. Ihr Bemühen um eine Transfergesellschaft ist ohne die Wahlkampfhilfe für Rot-Grün in Düsseldorf und ohne die Profilierungsversuche in der Stuttgarter Landesregierung nicht zu erklären.

Dem ist wenig hinzuzufügen. Und der zweite Kommentar beleuchtet noch einen anderen Blickwinkel: http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/drogeriekette-politik-mit-schlecker-11698260.html

Das Getöse scheint also völlig übertrieben. Und es verschleiert, wer der eigentliche Profiteur einer Transfergesellschaft ist: der potentielle Investor für Schlecker. Gelänge die rechtzeitige Gründung einer oder mehrerer solcher Gesellschaften noch, hätte Schlecker mit einem Schlag 11.000 Mitarbeiter weniger, und zwar ohne Entlassungen.
Die FDP-Minister haben das verstanden. Bei den anderen Parteien herrscht - wie so oft - weniger Sachverstand.

Und in der Zeit http://www.zeit.de/politik/deutschland/2012-03/fdp-schlecker-buergschaft
ein schöner Kommentar von Christian Lindner:
"Meine These ist, dass wir über Schlecker deshalb so intensiv diskutieren, weil es einmal 11.000 Mitarbeiter sind", sagte Lindner. "Wären es elfmal tausend, würde kein Mensch diesen Unternehmen zu Hilfe eilen."
Womit er völlig Recht hat. Denn kleinere Unternehmenspleiten geschehen in häufigerer Anzahl eben jeden Tag und jeden Monat. Und diesen will keine Gewerkschaft und kein Politiker plötzlich mit Staatsgeldern zu Hilfe eilen.

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