Montag, 9. Dezember 2013

Die Große Koalition: Alt gegen Jung

Der den SPD-Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegte Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD zeigt hauptsächlich: es geht um Verteilungskämpfe, bei denen die Alten den Jungen in gewohnter Weise Schulden überhelfen. Die Über-Sechzigjährigen, die ja sowohl in der Regierung gut vertreten sind wie auch von der Klientel der Rentner ausmachen, bedienen sich mit reichlich bemessenen Ausgabenprojekten am staatlichen Futtertrog der Steuern.

Wirft man einen Blick in den Koalititonsvertrag, sieht man schnell die für Union und SPD wichtigsten Projekte: Mütterrente, Rente mit 63 und Lebensleistungsrente. Die "Mütterrente" bevorzugt Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben. Sie erhalten 28 Euro (Westen) bzw. 25 Euro (Osten) mehr Rente im Monat, in "Anerkennung der Kindererziehungszeiten".
Die "Rente mit 63" ist für diejenigen von Vorteil, die 45 Jahre sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben und dann abschlagsfrei die volle Rente erhalten - statt mit einem Abschlag von 7,2% für volle zwei Jahre frühere Rente (der Abschlag beträgt 0,3% pro Monat, den man vor Erreichen des Regelalters in Rente geht. Der maximale Abschlag beträgt übrigens 14,4%. Geht man später in Rente, erhöht sich der Anspruch pro Monat übrigens um 0,5%).
Die "Lebensleistungsrente" soll Altersarmut verhindert und jedem, der das Rentenalter erreicht, eine Mindestrente von 850 Euro monatlich garantieren, egal welchen Rentenanspruch er vorher durch seine eigene Arbeit und die dadurch geleisteten Sozialversicherungsbeiträge erwirtschaftet hat.

Die Lebensleistungsrente ist das schlimmste dieser drei Vorhaben, ist sie doch ungerecht gegenüber den arbeitenden Beitragszahlern und stiftet dazu an, nicht ins solidarische Rentensystem einzahlen zu wollen (Bspw: SZ: http://www.sueddeutsche.de/politik/lebensleistungsrente-der-grossen-koalition-himmelschreiende-ungerechtigkeit-1.1832958).
Aber auch die Rente mit 63 ist ein Schlag ins Gesicht der Jüngeren. Noch der geringste Punkt ist die willkürliche Festlegung der 45 notwendigen Beitragsjahre. Warum eigentlich 45? Warum nicht 50? Oder eben 55? Der entscheidende Punkt hier ist nämlich die - grundsätzlich positive Verlängerung - der Lebenserwartung der Deutschen. Um es einfach zu formulieren: wir leben heute länger und gehen früher in Rente. Weil es immer mehr Rentner gibt und immer weniger Junge (sprich: Beitragszahler) muss das Rentenversicherungssystem immer stärker vom Staat durch Steuern bezuschusst werden. Statt eines Solidarsystems haben wir ein Umverteilungssystem von Jung zu Alt, bei dem die Jungen die Alten übermäßig subventionieren. Komplizierter ausgedrückt: die durchschnittliche Lebenserwartung betrug in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts 67 Jahre, heute liegen wir bei 80 Jahren. D.h. früher kamen viel weniger Menschen überhaupt in den Genuss der Rentenzahlung als heute, statistisch waren es sozusagen -3 Jahre. Heute sind es im Durchschnitt +15 Jahre, die man die Rentenzahlung genießen kann. Durch die längere Lebenserwartung und frühere Rente gibt es heute schon 18 Jahre(!) längere Rentenzahlungen, also durch die jungen Beitragszahler finanzierte Freizeit für Rentner als noch vor 50 Jahren. Erst die Agenda 2010 reagierte auf die längere Lebenserwartung der Deutschen und setzt das Eintrittsalter langsam auf 67 Jahre herauf. In Anbetracht der in den letzten 100 Jahren um 13 Jahre gestiegenen Lebenserwartung müsste Gerechtigkeit und Fairness der Alten gegenüber den Jungen bedeuten, dass das Rentenalter auf über 70 Jahre steigen sollte. Angesichts der längeren Lebenszeit immer noch ein gutes Geschäft für die Senioren. Natürlich könnte man das Rentenalter in verschiedenen Abhängigkeiten staffeln. Kopfarbeiter können und wollen vielleicht länger arbeiten als Handarbeiter mit körperlich anstrengenden Jobs. Nichts hindert uns daran, bei der Festlegung von Renteneintrittsaltern Fairness miteinander walten zu lassen.

Aktuell ist es jedoch so, dass sich die Alten reichlich bedienen und die Jungen dafür reichlich zahlen lassen. Denn alle drei Projekte zusammen werden die Steuerzahler jährlich Beträge in Milliardenhöhe kosten. Geld, das von Arbeitnehmern und Arbeitgebern, also den Jungen, eingesammelt und an die stetig wachsende Schar der "Ich-gehe-mit-60-in-Frührente"-Bezieher, also die Alten ausgeschüttet wird. Es ist kein Wunder, dass sich hierfür in den beiden Volksparteien, deren Mitglieds-Durchschnittsalter rund 60 Jahre beträgt, satte Mehrheiten finden. Hier geht es also nicht um einen Verteilungskampf zwischen Arm und Reich, Kapitalisten gegen Arbeiter oder Links gegen Rechts: es geht um Alt gegen Jung und da die Alten am Drücker sind, gewinnen sie auf ganzer Linie. Das ist nicht gerecht, es ist ungerechte Selbstbedienung. SPD und Union propagieren zwar soziale Gerechtigkeit, doch die gilt nur für ihre Klientel, also die Rentner.

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